Ziegen besuchen Senioren im Altenheim: „Das ist ein richtiges Highlight“
Krefeld. Landwirt Frank Patzke besucht mit seinen Ziegen regelmäßig Senioren in der Tagespflege. Wie es abläuft und was es den alten Menschen gibt.
Von Nadine Sapotnik-Zirzow, Niederrheinreporterin
07.12.2025, 07:39 Uhr
Mehr oder weniger elegant springen Hope und Brownie vom Auto auf den Bürgersteig. Im Ladebereich des kleinen Busses haben die beiden Ziegen sichtbare Spuren hinterlassen. Das scheint sie allerdings nicht davon abzuhalten, wieder einsteigen zu wollen. „Nein, nicht mehr ins Auto! Jetzt wird gearbeitet“, sagt Frank Patzke. Der Landwirt ist am Vormittag mit den beiden Ziegen von Fischeln in die Krefelder Innenstadt gefahren. Denn Hope und Brownie haben eine besondere Aufgabe: Sie besuchen Seniorinnen und Senioren in der Tagespflege.
„So, kommt“, sagt Patzke. Die Ziegen trotten hinter ihm auf dem Bürgersteig her. Frank Patzke klingelt. Die Tür öffnet sich sofort. „Hallooooo“, sagt die Leitung der Caritas Tagespflege Heilig Geist, Petra Kluthausen, die den Kopf herausstreckt. „Sie werden schon erwartet“, sagt sie freudig. Frank Patzke und die Ziegen gehen durch den schmalen Flur und dann in den Raum, in dem die Seniorinnen und Senioren ungeduldig auf ihre besonderen Gäste warten. Hope und Brownie sind völlig entspannt. „Wir sind auch schon Aufzug gefahren. Das ist alles kein Problem“, erklärt Patzke.
Ziegen sind entspannt in der Tagespflege der Caritas unterwegs
Die Augen der Seniorinnen und Senioren werden groß, als Brownie und Hope den Raum betreten. Alle sind ganz aufmerksam und blicken die beiden Ziegen an. Die bekommen erst einmal Styropor-Rohre auf die Hörner gesteckt. „Damit sie niemanden verletzen“, erklärt Patzke. „Komm zu mir Hope... bitte!“, sagt eine Dame mit blauer Strickjacke, während sie die Hand zur Ziege ausstreckt. Hope läuft hin und lässt sich streicheln. Die Dame ist selig.
Nach den ersten Minuten mit den Seniorinnen und Senioren schauen sich Hope und Brownie genauer an, wo sie jetzt sind und was es zu entdecken gibt. Vielleicht etwas zu essen? „Ich habe bewusst kein Futter dabei. Die Ziegen sollen aus freien Stücken zu den Menschen gehen“, sagt Patzke. Wer schon mal im Streichelzoo war, weiß, dass Ziegen etwas ungestüm werden, sobald sie etwas zu fressen in der Menschenhand wittern. Hope und Brownie hingegen sind ganz entspannt. In aller Ruhe laufen die Ziegen durch den Raum und stoppen vor den Stühlen der Männer und Frauen. Jeder darf sie mal streicheln.
Aber die beiden Tiere sind eben auch neugierig – und vielleicht hat sich ja doch ein Leckerchen im Raum versteckt? An einem Regal hängt ein grüner Häkelanhänger. Hope beginnt ihn anzuknabbern. Sie zieht die Oberlippe nach oben. „Was macht die denn?“, ruft eine ältere Dame und zeigt auf die Ziege. „Das ist Flehmen. Ziegen können Gerüche so besser wahrnehmen“, erklärt Frank Patzke. Vielleicht wollte Hope austesten, ob es sich bei der Häkelarbeit um saftiges Gras handelt?
Die Seniorinnen und Senioren sind begeistert. „Wir überlegen, eine feste Patenschaft von den Ziegen zu übernehmen, damit sie uns regelmäßig besuchen können“, sagt Einrichtungsleitung Petra Kluthausen. „Bei den Senioren kommen ganz viele Kindheitserinnerungen durch die Begegnung wieder hoch. Viele unserer Senioren haben früher einmal auf dem Land gelebt.“ Und so geht es auch der 88-jährigen Lotte Hauke. „Meine Großeltern hatten zehn Ziegen. Für jedes Enkelkind eines“, erzählt sie. „Bevor wir an den Kaffeetisch durften, mussten wir immer die Ziegenmilch trinken.“ Die 88-Jährige verzieht das Gesicht. Aber mit den kleinen Zicklein habe sie immer gerne gespielt. Sie lächelt.
Begegnung mit Ziegen ist wichtig für Biografie-Arbeit der Senioren
Diese Biografie-Arbeit sei sehr wichtig für das Wohlbefinden, erklärt Kluthausen. Auch bei Menschen mit Demenz werden die Erinnerungen durch die Tiere stimuliert. „Die Senioren freuen sich auch darauf, etwas erzählen zu können und wenn die Ziegen kommen, sind sie immer sehr aufgeregt“, erzählt die Einrichtungsleiterin, die mindestens genau so viel Spaß am Besuch der Ziegen hat, wie die Seniorinnen und Senioren.
„Beim letzten Mal hat sich auch eine Ziege hingelegt“, erzählt eine Seniorin – als hätte Brownie das genau verstanden, lässt sie sich entspannt auf den Boden plumpsen. Einrichtungsleitung Petra Kluthausen holt einen Hocker und stellt ihn neben die Ziege. Abwechselnd können die älteren Damen und Herren nun auf dem Hocker Platz nehmen und die Ziege kraulen. Brownie gefällt‘s. Ihr fallen die Augen zu.
Zwei Ziegen im Auto?
Auch Hope genießt die Streicheleinheiten. „Das ist ein schönes Schmusetier“, sagt Christian Grigo, während er die Ziege krault. Zweimal die Woche kommt der 77-Jährige in die Tagespflege. „Der Besuch der Ziegen ist ein richtiges Highlight. Jetzt sitzen alle zusammen. Es gibt heute einfach mehr Austausch“, sagt er und freut sich. Wenn kein so kuscheliger Besuch in die Einrichtung kommt, sitzen die Seniorinnen und Senioren oft in kleineren Gruppen zusammen und spielen „Mensch Ärger dich nicht“ oder machen Gedankenspiele. Christian Grigo hilft auch gerne in der Küche. Schließlich war er früher einmal Koch. „Es ist hier auf jeden Fall viel besser, als alleine zu Hause zu sein“, sagt er mit einem bestimmenden Lächeln.
Umso besser also, dass Hope und Brownie den Weg auf sich genommen haben. Wobei Autofahren kein Problem für die beiden ist. Sie vertrauen Frank Patzke, der die beiden mit der Flasche aufgezogen hat. So selbstverständlich das Reisen im Auto oder der Besuch im Altenheim für die Ziegen ist, genauso ungewöhnlich ist das für manch anderen: Die Ankunft in der Innenstadt hat zwei Politessen übrigens kurz verwirrt, wie Frank Patzke später erzählt. „Ich habe den beiden gesagt, dass ich zwei Ziegen im Auto habe.“ Das haben die Politessen zur Kenntnis genommen und als sie dem kleinen roten Bus näher gekommen sind und die beiden Ziegen erblickten, seien ihre Augen immer größer geworden. „Ich dachte, Sie meinen mit Ziegen zwei Damen“, hatte die eine gesagt. Frank Patzke lacht. Viele sind irritiert, wenn er mit seinen Ziegen unterwegs ist. „Wir waren auch schon zusammen auf der Kö in Düsseldorf. Davon gibt es ein Video“, erzählt der Landwirt, fast ein bisschen stolz.
Nach rund eineinhalb Stunden müssen die Seniorinnen und Senioren Abschied nehmen von ihren Gästen. Für Hope und Brownie geht es langsam wieder nach Hause in ihren Stall in Fischeln. Was die beiden nach getaner Arbeit zuallererst machen, das kann Frank Patzke schon voraussagen. Er kennt seine beiden Ziegen: „Sie suchen sich im Stall ihre Plätzchen und dann wird erst einmal gefressen“, sagt er.
Quelle: Rheinische Post, 05.08.2025
Meerbusch: Ziegen erfreuen Senioren in Lank
Beim Malteserstift in Meerbusch Ziegen erfreuen Senioren in Lank
Meerbusch · Der Besuch von zwei Vierbeinern im Malteserstift St. Stephanus war ein großer Erfolg. Damit sich niemand beim Streicheln und Füttern der Tiere verletzte, wurden deren Hörner eingehüllt.
Aus Krefeld kamen die Ziegen „Brownie“ und „Hope“ nach Lank zu Besuch.
Foto: Malteserstift
Über einen ganz besonderen Besuch freuten sich die Bewohner des Malteserstifts St. Stephanus. Zwei Ziegen der Patzke-Farm aus Krefeld kamen in den gut besuchten Garten am Wasserturm in Lank. Die Bewohner des Seniorenheims hatten dort die Gelegenheit, die zwei Jahre alten Ziegenmädchen „Brownie“ und „Hope“ mit klein geschnittenen Brötchenstücken zu füttern. Tierhalter Frank Patzke hatte die Hörner der zutraulichen Ziegen mit Schaumstoffrollen präpariert, damit niemand im Eifer des Gefechtes verletzt werden konnte.
Der Besuch der Vierbeiner sei ein voller Erfolg gewesen, berichten Claudia Flecken und das Team des Sozialen Dienstes. Das hätten die vielen glücklichen Gesichter gezeigt. „Tiere bringen immer viel Freude in unsere Einrichtung“, sagt Flecken. „Menschen, die sonst nicht viel sprechen, beginnen plötzlich, mit den Tieren zu reden. Das sind wertvolle und sehr schöne Momente, die unsere Arbeit so erfüllend machen."
Die Patzke-Farm beherbergt unter anderem Alpakas und Esel, mit denen Wanderungen angeboten werden. Neben „Brownie“ und „Hope“ leben noch sechs weitere Ziegen dort. Ziegen sind nach Angaben des Hofs „in der Lage, Gesichter wiederzuerkennen, die emotionale Situation des Gegenübers zu erkennen und sich darauf einzustellen“.